Man kann Fakten nicht rein faktisch kommunizieren

Fakten allein transportieren keinen Inhalt. Um die Menschen bei Veränderungen mitzunehmen, ist es notwendig, auch die emotionale Seite anzusprechen und Sprachbilder – Frames – richtig einzusetzen.

Passt die Verpackung einer Sendung nicht zum Inhalt, so muss man sich nicht wundern, wenn dieser beschädigt ankommt. Dieser Satz fasst vereinfacht zusammen, worum es sich bei diesem Blogbeitrag handelt: Um die Kommunikation in Veränderungssituationen und warum eine faktenbasierte Kommunikation, und sei sie noch so klar, bedeutungslos bleiben muss.

Bei der Kommunikation von Veränderungen sollte unbedingt der Deutungsrahmen mitgeliefert werden.

Bei der Kommunikation von Veränderungen sollte unbedingt der Deutungsrahmen mitgeliefert werden. (Bild: canmas)

Denn, wenn es darum geht, in Unternehmen die Notwendigkeit, die Chancen und Risiken von Veränderungen an Mitarbeiter zu vermitteln, ist es besonders wichtig, Zusammenhänge zu verdeutlichen: Es gilt, das Gesamtbild zu zeichnen. Was sind die Ursachen der Veränderung? Wie beabsichtigen wir als Unternehmen, damit umzugehen? In welcher Situation sind wir, und was sollen oder wollen oder müssen wir daher tun? Und wie hängen alle Maßnahmen zusammen?

Menschen müssen gewonnen werden

Die Aufgabe einer solchen Change-Kommunikation ist es, Menschen für die anstehenden Veränderungen zu gewinnen. Es geht um das Verstehen der Rahmenbedingungen, um die Hintergründe der Bewertungen, um den Sinn von Aktionen und um die Motivation zur Mitarbeit an den Maßnahmen. Ängste müssen Raum bekommen, Befürchtungen angesprochen, Barrieren reduziert werden.

Dabei gilt es viele Aspekte zu beachten – die Art der Information, den Kontext von Diskussionen und natürlich auch den eigentlichen Inhalt. Es heißt: Kommunikation ist das, was ankommt. Dieser, zugegeben etwas abgedroschene, aber immer noch gültige Satz besagt, dass der Sender einer Information, beziehungsweise einer Botschaft, die Verantwortung dafür trägt, deutlich zu machen, was für ihn als Person wichtig ist.

Fakten allein reichen nicht aus

Was bedeutet dies für die Kommunikation von Veränderungen zu Beginn und während des Change-Prozesses? Wir stellen in unseren Projekten häufig ein Missverständnis fest: Es wird sehr oft als ausreichend angesehen, nur Fakten klar und eindeutig zu kommunizieren. Und dass dann jeder die Notwendigkeiten und Ursachen, die Dringlichkeit und die Folgerungen der Veränderung verstehen kann, wenn er nach Ansicht des Informierenden dazu nur willens ist, wird vorausgesetzt. Aber wir erleben auch immer wieder, dass dies eine zu technische Sicht ist. Denn unser Denken und unsere Sprache funktionieren nicht so. In Anlehnung an Watzlawicks „man kann nicht nicht kommunizieren“[1] könnte man sagen: Man kann Fakten nicht rein faktisch kommunizieren.

Es kommt auf den Zusammenhang an

Aber wie muss Kommunikation dann aussehen? Veränderungen wirken sich auf das aus, was unser Umfeld und unser Handeln und Verhalten im Unternehmen bisher geprägt und geleitet hat. In der Kommunikation dieser Veränderung werden immer auch Sprachbilder – Deutungsrahmen – vom Sprecher mitgeliefert, um die möglicherweise abstrakten Konzepte zu verdeutlichen. In diesen Frames findet sich sehr oft eine Beurteilung oder Bewertung wieder, die durchaus ambivalent sein kann. So kann das Sprachbild „auf dem Spiel stehen“ Spaß, Spannung oder Gewinn implizieren, aber ebenso Stress, Verlust oder Niederlage. Auf diese Sprachbilder und Deutungsrahmen sind wir ja bereits in unserem letzten Blog detailliert eingegangen und haben dort auch anhand einiger Beispiele erläutert, wie sie Inhalte positiv oder negativ erscheinen lassen können, oder diese sogar verharmlosen.

Eine Vermeidung dieser Deutungsrahmen, wenn es denn überhaupt ginge, würde dazu führen, dass die Inhalte bedeutungsleer würden. Wir brauchen Frames, um dem Gehörten Bedeutung zu geben, um es zu begreifen und damit einen Sinn zuschreiben zu können. Eine abstrakte Sprache, viele Fremdworte, aber auch „neutrale“ Worte, wo Dringlichkeit transportiert werden sollte: All das führt den Zuhörer tendenziell in die Irre und überlässt es ihm selbst, Bedeutungen zu (er-) finden, die eben seinen Frames, also seinen Erfahrungen, Werten und Intuitionen entsprechen. Menschen brauchen diese Deutungsrahmen, um für sich die Inhalte mit ihren Frames in Resonanz zu bringen; sie müssen passen, sonst werden sie nicht eindeutig verstanden.

Kommunikation benötigt Inhalte

Zusammenhänge und das Big Picture alleine reichen dann nicht aus, wenn sie ohne Bezug, ohne Rahmen transportiert werden. Die „Verpackung“ muss mitgeliefert werden. Dies bedingt eine Sprache, die an Alltagssituationen anknüpft, also eingängige Sprachbilder nutzt, die die Bewertung und die Einstellung des Sprechenden zu den Veränderungen deutlich machen.

Wie Menschen zu einer Sache oder einem Geschehen stehen, entscheiden sie auf Grund ihres Bauchgefühls und ihrer Werte. Eine Verpackung in der passenden Sprache und das Mitliefern der zughörigen Frames erleichtern es, dass diese emotionale Ebene erreicht wird. Wenn man so will, sollten die Inhalte so kommuniziert werden, dass „sie unter die Haut“[2] gehen. Sooft das gelingt, wird unser Gehirn besonders aktiv.

Eine solche Kommunikation setzt beim Sprechenden voraus, dass er mit sich bezüglich des eigenen Standpunktes, der eigenen Beurteilung und Bewertung im Reinen ist. Nur wer sich selbst Klarheit verschafft hat, kann bedeutungsvoll kommunizieren. Dann werden die Äußerungen mit den von Schulz von Thun artikulierten „Innerungen“[3] – den inneren Reaktionen – zusammenspielen, und es ergibt sich eine Kommunikation, die sowohl konsistent als auch unmissverständlich ist. Darüber hinaus sind gemeinsame Wertvorstellungen, wie Unternehmenskultur und -werte mehr als hilfreich. Denn diese Werte werden von den Zuhörern weitgehend geteilt. Sie stellen einen Bezugs- und Bedeutungsrahmen dar, der angesprochen und genutzt werden kann. Je klarer diese Basis für jeden ist, umso wirksamer und kräftiger wird das Framing für die Veränderung sein.

[1] Watzlawick, Paul, Beavin, Janet H., Jackson, Don D.: Menschliche Kommunikation, Bern: Huber 1969, Seite 53
[2] Siehe Vortrag von Gerald Hüther in Freiburg 2009: http://www.gerald-huether.de/content/mediathek/populaerwissenschaftliche-beitraege/inhaltliche-uebersicht/lernen/
[3] Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden, Band 1-4, Rowohlt Verlag